Die Operation (Refertilisierung)

Die mikrochirurgische Refertilisierungsoperation wird in fast allen Fällen in Vollnarkose durchgeführt. Viele Patienten sehen es als großen Vorteil, während des Eingriffes tief zu schlafen und erst wieder wach zu werden, wenn sie die Operation gut überstanden haben.

Die mikrochirurgische Refertilisierung kann in selten Ausnahmefällen auch in Rückenmarksnarkose oder unter örtlicher Betäubung operiert werden.

Es ist wichtig, den Patienten diese Betäubungsverfahren anzubieten, da viele Männer mehr Bedenken vor der Vollnarkose haben als vor dem eigentlichen operativen Eingriff. Scheinbar bereitet es den Patienten mehr Sorgen, die Kontrolle über den eigenen Körper vorübergehend abzugeben, als sich einem chirurgischen Eingriff zu unterziehen. Hier sollte sich der Patient einen Operateur und ein Operationsteam mit Narkosearzt suchen, dem er voll vertraut, denn die örtlichen Betäubungsmaßnahmen bringen einige Nachteile mit sich. So ist es für die mikrochirurgischen Operationsverfahren zwingend notwendig, dass der Patient über längere Zeit möglichst bewegungslos liegen bleibt. Durch die hohe Vergrößerung im Operationsmikroskop ist das Sichtfeld des Operateurs sowohl im Bildausschnitt als auch in der Tiefenschärfe sehr eingeschränkt und selbst kleinste Bewegungen des Patienten können dazu führen, dass der Operateur sein Mikroskop neu einstellen muss. In der Anfangsphase der Operation ist darüber hinaus die Samenleiterverbindung durch das filigrane Fadenmaterial noch äußerst empfindlich. Nach dem Setzen der ersten zarten Nähte kann ein Hustenstoß des Patienten ausreichen, die Fäden zu zerreißen. Die volle Stabilität wird erst nach Abschluss aller Verbindungsnähte erreicht.

Die allermeisten Patienten entschließen sich daher nach sorgfältiger Abwägung, den Eingriff in Vollnarkose durchführen zu lassen.

Der für die Operation notwendige Hautschnitt wird so klein wie möglich gehalten. In den meisten Fällen ist es möglich, die Samenleiterverbindungen auf der rechten und auf der linken Seite über nur einen Hautschnitt auszuführen. Dieser wird am Hodensack in der Mittellinie geführt, in diesem Bereich hat jeder Mann ohnehin eine mittlere Hodensacklinie (Rhaphe scrotalis). Durch die Schnittführung in dieser angeborenen Hodensacklinie ist es möglich, die Narbenbildung auf ein Minimum zu reduzieren. Viele Patienten sind verblüfft, dass sie nach dem Eingriff nur ein kleines Pflaster für zwei Tage benötigen und schon nach wenigen Tagen den eigentlichen Hautschnitt kaum mehr finden können.

Hat der sterilisierende Arzt die Vasektomie mit weiterem Abstand vom Hoden vorgenommen, so sind für die Refertilisierungsoperation beidseitige Hautschnitte von jeweils vier Zentimeter Länge erforderlich. Je weiter die Vasektomiestelle dabei vom Hoden entfernt ist, desto höher muss der Refertilisierungsspezialist den Hautschnitt setzen.

Ist die Sterilisation nahe am äußeren Leistenring oder im eigentlichen Leistenkanal ausgeführt worden, so wird der Operateur den Schnitt für die Refertilisierung auch in diesem Bereich setzen müssen. Wurde die Sterilisation im Rahmen einer Leistenbruchoperation ausgeführt, wird die alte Leistenbruchhautnarbe normalerweise ausgeschnitten, so dass keine zusätzliche Narbe nach dem Eingriff entsteht.

Wenn die Haut des Hodensackes über den ca. 4 cm langen Schnitt eröffnet ist, kann der Operateur zunächst den einen, dann den anderen Hoden an seinem Samenstrang (ein etwa fingerdicker Gefäß-Nerven-Samenleiterstrang, der unter der Haut gut tastbar ist) hervorholen.

Es wird zunächst ein Hoden hervorgeholt, die Refertilisierungsoperation ausgeführt, alle Samenstranghüllen werden wieder verschlossen, der Hoden in den Hodensack zurückgelegt und es wird dann die andere Seite operiert.

Der Hoden befindet sich im Hodensack in sogenannten Hodenhüllen. Diese Hodenhüllen umschließen den Hoden, den Nebenhoden und den Samenstrang. Durch abstreifende Bewegungen lässt sich dann der Hoden an seinem Samenstrang gut aus dem Unterhautgewebe hervorholen. In diesem Unterhautgewebe befinden sich mehrere kleine Blutgefäße, die der Operateur mit einer speziellen Pinzette (bipolare Elektrokoagulationspinzette) elektrisch verschorft und damit Blutungen und Nachblutungen vermeidet.

Der Bereich, an dem der Samenleiter durch die Vasektomie unterbrochen ist, lässt sich in den meisten Fällen gut identifizieren. Häufig findet sich in diesem Bereich eine leichte Verdickung oder Vernarbung und der Samenleiter lässt sich vom hodenwärtigen Ende und auch im weiterführenden körperseitigen Ende gut tasten. In einigen Fällen findet sich am Ende des hodenseitigen Samenleiterendes eine kleine knubbelige Auftreibung. Solche Verdickungen nennt man Spermagranulom. Diese Granulome entstehen, wenn Samenzellflüssigkeit am hodenwärtigen Ende immer wieder aus dem Samenleiter austritt und zu einer kleinen lokalen Entzündungsreaktion führt. Diese kleine Entzündung wird vom Körper eingekapselt. Für den Operationserfolg sind solche Spermagranulome eher günstig, da durch den unvollständigen Samenleiterverschluss der „Druck im System“ gesenkt wird und es nur in sehr seltenen Fällen zu Schäden im empfindlichen Nebenhodentubulus kommt.

Es ist wichtig, den Samenleiter äußerst vorsichtig aus dem Samenstrang herauszupräparieren. Es muss dabei sorgfältig vermieden werden, die Blutgefäße des Hodens zu beschädigen. Die meisten Operateure verwenden für diesen Operationsschritt eine sogenannte Lupenbrille. Die Lupenbrille ist eine normale Brille, an der zusätzlich zur Vergrößerung Lupenelemente angeklebt oder angeklemmt sind. Der Vergrößerungsfaktor dieser Lupenbrillen beträgt Faktor 2 bis 4,5. Manche Patienten kennen solche Lupenbrillen zum Beispiel von ihrem Zahnarzt. Dem Vergrößerungsfaktor der Lupenbrillen sind dabei Grenzen gesetzt. So ist eine stärkere Vergrößerung mit immer größeren Lupensystemen verbunden, Vergrößerungsfaktoren über 4,5 werden daher nur sehr selten von den Herstellern angeboten und sind sehr unbequem in der Handhabung. Schon bei einer Baugröße von Vergrößerungsfaktor 4,5 entspricht der Lupenvorsatz in etwa der Größe eines kleinen Fernglases, so dass die Handhabung schwierig wird.

In früheren Jahren hat man solche Lupenbrillen verwendet, um die gesamte Refertilisierungsoperation damit durchzuführen. Die Fortentwicklung der mikrochirurgischen Technik hat jedoch gezeigt, dass sich gute Operationserfolge nur unter Verwendung feinster Faden- und Nadelmaterialien erzielen lassen. Dies macht Vergrößerungen um den Faktor 10 bis 12 erforderlich – mit Lupenbrillen unerreichbar. Für die eigentliche Samenleiterverbindung (Vasovasostomie, VVS) oder Nebenhodensamenleiterverbindung (Tubulovasostomie, TVS) kommt daher in allen spezialisierten Operationszentren ein Operationsmikroskop zum Einsatz.

Wenn die Samenleiterenden identifiziert sind, werden sie knapp oberhalb beziehungsweise unterhalb der Vasektomiestelle durchtrennt, so dass eine frische Schnittstelle entsteht (angefrischt). Die dann folgenden Operationsschritte werden unter Verwendung des Operationsmikroskopes ausgeführt.

Es folgt ein sehr wichtiger Operationsschritt: das intraoperative Spermiogramm.

Aus dem hodenwärtigen Samenleiteranteil quillt nach dem Anfrischen des Endes meist schon selbsttätig Spermasekret hervor; in einigen Fällen ist es notwendig, den Samenleiter vorsichtig zu massieren. Die herausquellende Flüssigkeit gibt wichtige Prognoseinformationen für den Operateur.

Normale Samenflüssigkeit ist dünnflüssig und leicht milchig trüb (opaleszent). Manchmal findet sich dieses Sekret eingedickt, dickflüssig, teilweise pastenartig verfestigt (zahnpastaähnlich; „toothpaste“). Ist das Sekret stark eingedickt oder farblich verändert, so weist dieses auf mögliche Nebenhodenschäden hin und die Prognose einer Vasovasostomie wäre eher ungünstig. Es besteht der Verdacht, dass im Nebenhodenbereich Schädigungen vorliegen und dass eventuell eine Tubulovasostomie (siehe unten) erforderlich ist.

Der Operateur nimmt mit einer sehr feinen Kunststoffkanüle vorsichtig eine Probe der Spermaflüssigkeit. Diese wird unmittelbar unter einem Labormikroskop (Vergrößerung: 400x) untersucht. In diesem intraoperativen Spermiogramm lässt sich erkennen, ob der Nebenhodentubulus noch durchgängig ist oder ob hier Schäden zu vermuten sind. Finden sich im intraoperativen Spermiogramm keine Samenzellen und auch keine Fragmente von Samenzellen, so liegt höchstwahrscheinlich ein Verschluss des Nebenhodentubulus vor und es sollte eine Tubulovasostomie, also eine Nebenhodensamenleiterverbindung, hergestellt werden.

Prognostisch günstig ist es, wenn sich im intraoperativen Spermiogramm bereits Fragmente von Samenzellen, vollständige Samenzellen oder am besten bewegliche, vollständige Samenzellen finden. Dies ist ein Zeichen, dass der Nebenhoden durchgängig und unversehrt ist.

Nach einem Pionier der mikrochirurgischen Refertilisierungsoperation wird das intraoperative Spermiogrammergebnis nach Professor Silber klassifiziert. Diese Klassifikation ist eine Einteilung in fünf Stufen, wobei die Silber-Klassifikation I (vollständige, bewegliche Samenzellen) die beste Prognose und die Silber-Klassifikation V (kein Nachweis von Spermien oder Fragmenten) die ungünstigste Prognose hat.

Im günstigen Fall erfolgt die Verbindung der Samenleiterenden in mikrochirurgischer Technik. Dabei unterscheidet man die sogenannte einschichtige Vasovasostomie von der mehrschichtigen Technik.

Bei der einschichtigen Technik werden alle Samenleiterschichten mit nur einer Nahtschicht durchgreifend miteinander vernäht. Der Operateur führt keine separate Verbindung der innersten Samenleiterschleimhaut (Mucosa) durch.

Die allermeisten spezialisierten Operateure favorisieren die sogenannte mehrschichtige Anastomosentechnik (meist zwei- bis dreischichtige).

Bei der mehrschichtigen Vasovasostomie wird zunächst unter Verwendung einer speziell geformten Nadel und mit ultrafeinem Fadenmaterial die innerste Schicht des Samenleiters (Mucosa) mit sechs bis zehn feinen Einzelknopfnähten verbunden. Diese innere Verbindungsschicht stellt die wasserdichte und trotzdem durchgängige Verbindung der Samenleiteröffnungen her. Dabei ist es in der mehrschichtigen Technik besonders gut möglich, den unterschiedlichen Durchmesser des hodenwärtigen Samenleiterendes und des körperwärtigen Samenleiterendes auszugleichen. Diese innere Verbindung ist noch sehr fragil und wird mit einer oder mehreren stabilisierenden Verbindungsschichten gefestigt. Die für diese Stabilisierungsnähte verwendete Nadelform erlaubt es, die Muskelschicht des Samenleiters gut zu vernähen.

Ob sich durch die mehrschichtige Nahttechnik für den Patienten Vorteile ergeben und ob daraus insbesondere eine erhöhte Schwangerschaftsrate resultiert, ist in der Literatur umstritten. Die einschichtige Nahttechnik ist wesentlich einfacher erlernen. Die Operation lässt sich deutlich schneller durchführen und auch die Fadenmaterialien sind preiswerter als die ultrafeinen Fäden der mehrschichtigen Nahttechnik.

Trotz der etwas längeren Operationszeit und den höheren Kosten sind die spezialisierten Operateure von den Vorteilen der mehrschichtigen Technik überzeugt, da sich so am besten die unterschiedlichen Durchmesser der Samenleiteröffnungen ausgleichen lassen. Vor allen Dingen für die im weiteren beschriebene Nebenhodensamenleiterverbindung (Tubulovasostomie, TVS) ist die Beherrschung der mehrschichtigen Operationstechnik essenziell und es erscheint plausibel, dass die filigrane Mehrschichttechnik auch bei der „einfachen“ Samenleitersamenleiterverbindung (Vasovasostomie, VVS) Vorteile bringt.

Findet sich im intraoperativen Spermiogramm ein sehr stark eingedicktes Sekret (pastös) oder keinerlei Samenzellen oder Fragmente (Klassifikation nach Silber V), so wird der Operateur mit seinem Operationsmikroskop den Nebenhodentubulus sehr genau inspizieren. Oft lassen sich dabei Areale im Nebenhoden identifizieren, in denen es beispielsweise durch Entzündungsreaktionen zu Verschlüssen des Nebenhodenkanales gekommen ist. Wenn der Nebenhodenkanal verschlossen ist, macht es natürlich keinen Sinn, die Samenleiterenden einfach wieder miteinander zu vernähen, da ja eine Verstopfung bereits „oberhalb“ des Vasektomieareals vorliegt, eben im Nebenhodentubulus. Im Nebenhodenverschlußbereich findet sich der Nebenhodenkanal meist deutlich gestaut („ektasiert“). In dieser Situation ist es wichtig, dass der Operateur auch die deutlich schwierigere Tubulovasostomie beherrscht.

Bei der Tubulovasostomie wird zunächst eine kleine Öffnung über dem Nebenhodenkanälchen in die Nebenhodenhaut geschnitten. Dann wird der Nebenhodenkanal mit einer sehr feinen, mikrochirurgischen Schere kreisförmig eröffnet. Meist quillt normal erscheinende Samenflüssigkeit aus dem Nebenhodenkanälchen hervor. Unter Verwendung des filigransten Fadenmaterials und einer speziellen „atraumatischen“ Nadel vernäht der Mikrochirurg nunmehr die Öffnung (das Lumen) des Nebenhodenkanälchens mit der Öffnung des körperseitigen Samenleiterstumpfes.

Dieser Operationsschritt ist auch für sehr geübte Mikrochirurgen eine Herausforderung. Das Nebenhodenkanälchen ist äußerst fein und kann sehr leicht zerreißen, außerdem sind die Sichtverhältnisse auch bei optimalem Operationsmikroskop durch die geringen Kontraste schwer erkennbar. Es erfordert eine ganz besonders ruhige Hand, die Tubu­lovasostomie auszuführen. Bei diesem Eingriff wird die Untergrenze der Opera­tionsfähigkeit nahezu erreicht und die mit bloßem Auge winzigen Pinzettenspitzen erscheinen unter der starken Vergrößerung des Operationsmikroskopes enorm groß. Auch die Nebenhodensamenleiterverbindung (Tubulovasostomie, TVS) wird mit weiteren Stabilisierungsnähten so gefestigt, dass ein späteres Abreißen der Verbindung kaum mehr möglich ist. Die inneren Nahtreihen mit feinstem Fadenmaterial werden mit sechs bis zehn Einzelknopfnähten hergestellt, die Stabilisierungsnähte mit zehn bis 16 Einzelknopfnähten.

Das bei den mikrochirurgischen Operationen eingesetzte Fadenmaterial ist normalerweise hauchfein und entspricht in der Dicke etwa dem Fünftel eines menschlichen Haares. Aus der Packung entnommen „fliegt“ der ultrafeine Faden an der in der Pinzette gehaltenen Nadel so fein wie ein Spinnweben. Hergestellt werden diese feinen Fäden aus Nylon.

Bei der Vasovasostomie und Tubulovasostomie werden von allen spezialisierten Operateuren Operationsmikroskope eingesetzt. Dabei handelt es sich um Mikroskope, die zum Beispiel auch bei Augenoperationen oder in der Neurochirurgie eingesetzt werden.

Neben dem Operationstisch, auf dem der Patient liegt, wird dabei ein relativ großes und schweres, meist fahrbares Mikroskopstativ aufgestellt. Über mehrere Schwenkgelenke wird das Operationsmikroskop mit den Okularen über dem OP-Feld gehalten, die Sterilität wird durch spezielle sterilisierbare Griffabdeckungen gewährleistet. Während der Operation muss der Operateur das Mikroskop nur selten berühren, die Feinfokussierung und der Wechsel der Vergrößerungsstufen (Zoom) erfolgt in den modernen Mikroskopen elektromotorisch, meist über Steuerung durch Fußschalter.

Für die mikrochirurgischen Operationsschritte ist ein spezielles chirurgisches Instrumentarium erforderlich. Dies besteht aus extra feinen Pinzetten und Nadelhaltern sowie mikrochirurgischen Scheren. Die „normalen“ chirurgischen Pinzetten und Instrumente, die noch für die Präparation des Samenleiters aus dem Samenstrang verwendet werden, sehen durch das Operationsmikroskop betrachtet geradezu riesig aus. Mit normalen Instrumenten ist es nicht möglich, die sehr kleinen und feinen Nadeln zu fassen – sie würden sofort verbiegen. Bei der Verwendung der mikrochirurgischen Instrumente operiert der Chirurg nur mit den Fingerspitzen, die Handballen sind entweder auf speziellen Halterungsschienen oder bei Refertilisierungsoperationen auf dem Oberschenkel des Patienten abgestützt. Nur mit mikrochirurgischen Pinzetten lässt sich die innerste Schleimhautschicht des Samenleiters (Mucosa) vorsichtig anfassen, ohne sie zu zerreißen.

Ähnlich wie bei einem Flugzeug gibt es auch im OP eine regelrechte Besatzung: das OP-Team. Der Operateur wird meist zusätzlich unterstützt von einem OP-Assistenten, der für den Operateur tupft und spült und gegebenenfalls die Samenleiterenden so hinhält, dass der Operateur die feinen Verbindungsnähte anlegen kann. Meist handelt es sich dabei um Assistenzärzte, das heißt Ärzte in ihrer fachärztlichen Ausbildung, die zum Beispiel auch mikrochirurgische Operationen lernen. Die Instrumente und Fäden werden dem Operateur von einer OP-Schwester angereicht. Ebenso wie der Operateur und der Operationsassistent ist die OP-Schwester mit einem sterilen OP-Kittel bekleidet und trägt sterile Handschuhe, so dass die auf einem speziellen, ebenfalls steril abgedeckten Operationstisch aufbewahrten Instrumente nicht mit Bakterien kontaminiert werden. Im Raum befindet sich zusätzlich meist noch ein zusätzlicher Helfer, der bei Bedarf zusätzliche Instrumente, Fäden oder Gerätschaften aus den OP-Schränken angeben kann.
Da die Operation im Allgemeinen in Vollnarkose durchgeführt wird, sitzt am Kopf des Patienten das Narkoseteam. Der Anästhesiearzt oder die Anästhesieärztin wird bei der Arbeit ebenfalls von einer Krankenschwester unterstützt. Um die Patienten kümmert sich also ein Team von fünf bis sechs Leuten über die gesamte Operationsdauer von circa zwei bis drei Stunden.

Die möglichen Risiken, die durch eine Refertilisierungsoperation entstehen können, sind praktisch identisch mit den Risiken der Sterilisationsoperation.

Trotz der sehr sorgfältigen Präparation und obwohl kleinste Blutgefäße unmittelbar mit der bipolaren Pinzette verschorft werden, kann sich in seltenen Fällen ein Bluterguss bilden. Natürlich besteht, wie bei jedem chirurgischen Eingriff, auch ein gewisses Risiko für eine Wundinfektion. Solche Wundinfektionen können den Heilungserfolg und das Operationsergebnis gefährden. Daher werden schon bei kleinsten Anzeichen einer Infektion Antibiotika eingesetzt. Die meisten Patienten kennen die typischen Entzündungszeichen: Ein entzündetes Areal schwillt an, färbt sich rötlich, wird warm und schmerzt. Wenn ein Patient nach einer Refertilisierungsoperation diese Symptome im Operationsbereich bemerkt, sollte er umgehend den behandelnden oder nachsorgenden Arzt aufsuchen.

Das zweifellos unerfreulichste Operationsergebnis ist der fehlende oder unzureichende Operationserfolg, das heißt eine nur unzureichende Fruchtbarkeit des Refertilisierungspatienten nach der Operation. Trotz sehr sorgfältiger Voruntersuchungen, einer gezielten Auswahl der geeigneten Patienten und Kinderwunschpaare und ungeachtet der filigranen Operationstechnik ist es auch in spezialisierten Operationszentren nicht möglich, ausschließlichPatienten zu operieren, die mit Sicherheit wieder fruchtbar werden. Jeder Refertilisierungsspezialist wünschte sich bessere Prognosekriterien, um ganz sicher nur die erfolgversprechendsten Patienten zu operieren. Vor allen Dingen die Funktion des Nebenhodens lässt sich nur durch Abwarten des Operationsergebnisses und anhand der wiedergewonnenen Fruchtbarkeit beurteilen. Im Nebenhodenbereich treten mit längerer Sterilisationsdauer zunehmend Schädigungen auf, die später zu Fruchtbarkeitseinschränkungen führen können. Deshalb lassen sich auch in Schwerpunktzentren nur prozentuale Angaben zu den Erfolgsaussichten machen.
Auch auf die Möglichkeit eines sogenannten narbigen Wiederverschlusses der Samenleiter-Samenleiter-Verbindung respektive Nebenhoden-Samenleiter-Verbindung sollten die Patienten vorbereitet sein. In der Erfahrung des Autors an zahlreichen Refertilisierungspatienten tritt dieses Phänomen bei circa 6 bis 8 % der operierten Patienten auf.

Bei diesen Patienten zeigt sich drei bis sechs Monate nach der Refertilisierung in den postoperativen Spermiogrammkontrollen zunächst ein guter Operationserfolg mit guten Spermiogrammergebnissen. Die anschließenden Folgekontrollen nach neun, zwölf und 18 Monaten zeigen bei narbigem Wiederverschluss dann wieder abnehmende Spermiogrammwerte, teilweise bis zur späteren vollständigen Azoospermie.

Ursache für solche narbige Wiederverschlüsse sind Verkürzungen von Narbengewebe. Viele Patienten wissen, dass sich Narben verkürzen können. Bei der Samenleiter-Samenleiter-Verbindung handelt es sich um eine kreisrunde Narbe. Wenn sich eine runde Narbe verkürzt, so wird der Durchlass immer enger und kann sich schließlich sogar vollständig verschließen. War das Spermiogramm vor dem eingetretenen Wiederverschluss qualitativ gut, so empfehle ich den betroffenen Patienten im Allgemeinen eine Revisionsoperation mit nochmaliger Ausschneidung des Refertilisierungsareales und mehrschichtiger Vasovasostomie. Gegebenenfalls sollte man solch eine Revisionsoperation mit Entnahme von Hodenmaterial zur Kryokonservierung (Tiefgefrierung von Hodenproben) verbinden, um im Falle eines erneuten narbigen Wiederverschlusses Spermienmaterial für eine künstliche Befruchtung zur Verfügung zu haben.

Wenn bei einem Paar nach erfolgreicher Refertilisierung (mit guten Spermiogrammwerten) und scheinbar normaler Fruchtbarkeit der Frau auch über längere Zeit keine Schwangerschaft eintritt, so empfiehlt sich eine Spermauntersuchung mit der Frage, ob sich Antikörper gegen Samenzellen im Samenerguss finden. Solche Antispermienantikörper (ASA) finden sich gelegentlich bei Vasektomie- und Refertilisierungspatienten, können aber auch die Ursache von Fruchtbarkeitsstörungen bei Patienten sein, die sich noch nie einer Genitaloperation unterzogen haben.

Das Immunsystem des Mannes hat normalerweise keinen direkten Kontakt mit Samenzellen, da die Durchblutung des Hodens so angelegt ist, dass kein direkter Samenzell- oder Blutzellkontakt entstehen kann. Kommt es, zum Beispiel durch Genitaloperationen wie der Vasektomie, zu Blutzell- oder Spermienkontakt, so reagieren einige Patienten mit der Bildung von Antikörpern. Antikörper sind größere Eiweißmoleküle, die, einmal gebildet, praktisch in allen Körperflüssigkeiten vorkommen, auch in der Samenflüssigkeit. Finden sich in der Samenflüssigkeit Antispermienantikörper und Samenzellen, so können die Antikörper sich an die Samenzellen anlagern und dazu führen, dass die Samenzellen in ihrer Beweglichkeit gestört sind. Folge ist, dass die Samenzellen „nicht mehr vorwärtskommen“ und durch die „Beladung“ mit den Antikörpern nicht mehr in die Eizelle eindringen können. Die Bildung von Antispermienantikörpern ist glücklicherweise relativ selten (circa 3 bis 5 % der Refertilisierungspatienten) und lässt sich vor der Refertilisierungsoperation nicht sicher feststellen.

Antispermienantikörper lassen sich nur sinnvoll nachweisen, wenn von den Patienten ein samenzellhaltiger Samenerguss untersucht wird, denn es werden nur Samenantikörper gemessen, die eine Verbindung mit Samenzellen eingegangen sind. Der hierfür verwendete Test heißt MAR-Test (Mixed antiglobulin reaction). Das Ergebnis des MAR-Testes wird in Prozent angegeben. 50 % IgA- oder IgG-positiv im MAR-Test bedeutet, dass 50 % der Samenzellen mit Antikörpern beladen sind. Eine Antikörperbeladung von über 50 % ist sehr kritisch und schränkt die Fruchtbarkeit deutlich ein.

Leider gibt es keine wirksame medikamentöse Therapie bei Patienten mit Antispermienantikörper. In den allermeisten Fällen hilft bei diesen Patienten nur eine künstliche Befruchtung mit direkter Einspritzung der Samenzelle in die Eizelle (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion; ICSI).

Oft bilden sich die Antispermien /Antikörper aber auch von selbst wieder zurück. Diesen spontanen Heilungsverlauf sollte man auf jedn Fall genügend Zeit lassen bevor eine ICCI geplant wird.

Eine Refertilisierungsoperation lässt sich als ambulante Operation, durchführen.